Vor zwei Wochen kaufte ich mir das Buch von Susanne Preusker „Sieben Stunden im April„. Sie beschreibt darin den gewaltvollen Übergang zwischen ihrem alten und dem neuen Leben. Dazwischen liegen sieben Stunden, die sie in der Gewalt eines Sexualstraftäters verbringen musste. Es handelt von unglaublicher Gewalt und Todesangst, Achtsamkeit, Unterstützung, Lebensbedrohung, Resilienz und vielem mehr.
Wenn der Arbeitsplatz zur Falle wird
Die Diplom-Psychologin leitete die Fachabteilung in einem Hochsicherheitsgefängnis. Einer der Insassen wollte mehr Kontakt zu einer Frau als möglich und von dieser gewollt war. Das Gespräch war bereits vorbei und der Arbeitstag fast geschafft. Da kam der Insasse erneut ins Büro und fesselte die Psychologin. Er schob schwere Möbel vor die Türe und hatte neben eine Klebeband auch Sekundenkleber mit. Die Angst, die sie in dieser Situation hatte, wird durch die Erzählung greifbar. Der Insasse vergewaltigte sie über viele Stunden. Sie hatte dazwischen Todesangst und kaum Hoffnung, dass sie gerettet werden kann. Die einzige Verbindung war ein Kollege, der mit dem Insassen in telefonischem Kontakt stand und diesem die Erfüllung aller Forderungen zusicherte. Die gesamte Zeit über war nicht klar, ob er aufgeben oder die Psychologin töten würde.
Nach 7 Stunden kam die Befreiung
Endlich aus der Gewalt des Täters befreit begann der Weg zurück ins Leben. Es war 10 Tage vor der Hochzeit und sie war unsicher, ob sie nach diesem Vorfall überhaupt geheiratet werden würde. Doch ihr zukünftiger Ehemann war an ihrer Seite und meinte „Jetzt erst recht“
Die Verhandlung
Besonders beeindruckend war für mich die Schilderung der Verhandlung. Diese mutige Frau stellte sich im Gerichtssaal in aller Öffentlichkeit ihrem Trauma und blickte dem Täter in die Augen. Selbst die Versuche seines Anwalts, das Geschehene als „sexuelle Annäherung“ klein zu reden, brachten sie nicht aus der Fassung. Und sie sagte ganz klar: „Er hat mich vergewaltigt.“
Sie wollte dem Täter gegenüber stehen und sah dies als einen Teil der Heilung an. Ihr Sohn war bei der Verhandlung dabei und erfuhr Details, die für einen 17jährigen sicher schwer zu verkraften sind. Der Zusammenhalt der Familie war jedoch unglaublich stark.
Der Weg in ein neues Leben
Was bedeutet es, mehrere Stunden in einer solch schrecklichen Situation zu sein? Das Vertrauen in andere und in die Welt ist massiv erschüttert. Sie beschreibt sehr anschaulich, wie sie sich manchmal wie in Watte gepackt gefühlt hat. Raus gehen, einkaufen – alles war unsicher. Panikattacken waren ein ständiger Begleiter.
Ihr Mann und ihr Sohn waren beständig an ihrer Seite und halfen ihr gemeinsam mit Freundinnen, sich im neuen Leben zurecht zu finden. Geht das überhaupt? Kann irgendjemand nachvollziehen, was bei einem solch gewaltvollen Übergriff passiert? Wie sehr die Seele daran zu zerbrechen droht?
Sie ist nicht mehr da
Ich hatte auch nach der letzten Seite Tränen in den Augen, obwohl es scheinbar bergauf ging. Auf der Website musste ich dann lesen, dass diese starke Frau 9 Jahre nach dem Ereignis ihr Leben beendet hat.